Unser Garten,
ein Erkundungsversuch
Im nördlichen Brandenburg, an der Grenze
zu Mecklenburg-Vorpommern, ist die Landschaft in Bezug auf ihre
Flora nicht besonders abwechslungsreich. Ein dort auf sandiger
Erde angelegter Garten bedarf gründlicher Pflege.
Die "blühende Landschaft" eines im Jahre 2001 angelegten Bauerngartens,
die ich bei meiner ersten Besichtigung des brandenburgischen Ortes
Zempow entdeckte, entstand sicherlich nicht ohne Mühe. Nicht nur
die Gestaltung dieses Gartens, sondern vor allem seine alltägliche
Pflege trägt zu seinem vielfältigen Reichtum bei.
Die von mir in meiner Installation verwendeten Aussagen von anonymen
Teilnehmern eines Internetforums aus Deutschland, Österreich und
der Schweiz bilden die Grundlage einer Auseinandersetzung mit
dem Thema "Garten". Dabei wird der Garten jedoch metaphorisch
verstanden. Er dient in diesem Fall als Sinnbild unserer Gesellschaft.
Hoffentlich gelingt es mir, mit Hilfe meines Eingriffs in die
vorhandene Struktur dieses Gartens, seine Besucher zum Nachdenken
über den Zustand unserer Gesellschaft anzuregen.
Gartenlandschaften haben schon immer den Zustand der jeweiligen
Gesellschaft widergespiegelt. Erinnern wir uns zum Beispiel an
den englischen, französischen oder japanischen Garten, um nur
die Bekanntesten zu erwähnen.
Auch der neue Bauerngarten in Zempow spiegelt die gesellschaftliche
Entwicklung in Brandenburg wider. Er wurde von einer Brandenburgerin
angelegt und wird von Brandenburgern gepflegt. Seine Vielfalt
und seine lockere Anordnung symbolisieren für mich die Freiheit,
die seit der politischen Wende in Ostdeutschland herrscht. Wie
ein Garten auszusehen hätte, der ein Sinnbild für ein undemokratisches,
unfreies Gesellschaftssystem darstellen soll, kann ich lediglich
mutmaßen.
Genauso wie es langfristig nicht ausreicht, einen Garten nur anzulegen,
so genügt es auch nicht nur günstige Bedingungen für ein freiheitliches
System zu erschaffen und einen demokratischen Staat zu gründen.
Wir vergessen oft, dass der Erhalt einer Demokratie ständiger
Arbeit bedarf. Sonst wird, ähnlich wie im Fall eines vernachlässigten
Gartens, auch unser demokratisches System verkommen.
Roland Schefferski
ROLAND
SCHEFFERSKI
Roland Schefferski 1956 in Polen geboren, lebt und arbeitet in
Berlin.
In seinen Arbeiten bewegt er sich im Kontext der aktuellen Diskussionen
von Intellektuellen, Philosophen und Historikern über das Aufkommen
der Zeit des Gedächtnisses. Schefferski knüpft an die uns so präsente
Geschichte an und öffnet sich für den Diskurs zu den Themen Identität
und Hinterfragung des Bildes in Zeiten seiner Inflation.
Durch seine Ausstellungen zieht sich die Frage nach der Geschichte.
Nicht nur Geschichte, die man aus Lehrbüchern oder Lexika kennt,
sondern nach solcher, die sich im Individuellen ausdrückt, in
dem was im riesigen historischen Geschehen anonym bleibt, sowohl
im wörtlichen als auch übertragenem Sinne. Sein künstlerisches
Interesse gilt dem Prozess. Mehr als nur der Produktion.
Was ihn besonders interessiert, ist die Idee der überschreitenden,
an jedem Ort realisierbaren Kunst. Kunst, die sich als Kommunikationsmittel
überall einsetzen lässt. Seine Arbeiten werden nicht nur in den
von der Realität abgrenzten typischen Kunsträumen (Galerien, Museen
etc.) ausgestellt. Er versucht sie im Grenzbereich von Kunst und
täglichem Leben anzusiedeln und bevorzugt es, Kunst außerhalb
ihrer herkömmlichen Orte stattfinden zu lassen. Als temporären,
unerwarteten Eingriff, der beiläufig und marginal erscheint: ein
alltäglicher Kontext, in dem seine Kunst eine subtile Wirkung
entfaltet. Durch die Kraft des Understatements versucht er Betrachter
als aktive Partner zu gewinnen.
förderer:
Fonds Soziokultur
Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz
des Landes Brandenburg
die
maßnahme des um zempow herumführenden wanderweges wird unterstützt
von:
Aktion Mensch